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(6/8) Der heilige Rosenkranz - fünfter Zehner: mit welchen Gesinnungen man ihn beten und betrachten soll
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Zusammenfassung
EINUNDVIERZIGSTE ROSE: Reinheit des Herzens
Es ist nicht so sehr die lange Dauer, als vielmehr die Inbrunst des Gebetes, die Gott gefällt und Sein Herz gewinnt. Ein einziges gut gebetetes Ave Maria ist von größerem Verdienst als hundertfünfzig schlecht gebetete.
Fast alle katholischen Christen beten den Psalter, den Rosenkranz oder wenigstens einige Gesätze davon. Warum also gibt es so wenige, die sich von ihren Sünden abwenden und in der Tugend fortschreiten, wenn nicht deshalb, weil sie diese Gebete nicht auf die rechte Art und Weise verrichten?
Betrachten wir also, wie man sie verrichten muß, um Gott zu gefallen und heiliger zu werden:
Dieses Volk ehrt Mich nur mit den Lippen, sein Herz jedoch ist fern von Mir" (Mk 7,6).
Jene (sagt Jesus Christus), die in Meine Bruderschaften eintreten und täglich den Rosenkranz ohne irgendwelche Reue über ihre Sünden beten, ehren Mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist fern von Mir.
Ich habe vorhin gesagt: oder wenigstens entschlossen sein, sich aus dem Stand der Sünde zu erheben, denn:
Wir raten allen an, den Rosenkranz zu beten: den Gerechten, damit sie in der Gnade Gottes ausharren und darin zunehmen, den Sündern, um sich aus ihren Sünden zu erheben.
Aber Gott verhüte, daß wir einen Sünder aufmuntern, aus dem Schutzmantel der Mutter Gottes einen Deckmantel der Verbrechen zur Verdammnis zu machen, und den Rosenkranz, der ein Heilmittel für alle Übel ist, in ein verhängnisvolles und tödliches Gift zu verwandeln. Corruptio optimi pessima: „Die Verderbnis des Besten ist die schlimmste.“ „Man muß ein Engel an Reinheit sein“, sagt der gelehrte Kardinal Hugo, „um sich der Gottesmutter zu nahen und den Englischen Gruß zu beten.“
Eines Tages zeigte Maria einem unzüchtigen Menschen, der regelmäßig jeden Tag den heiligen Rosenkranz betete, schöne Früchte in einem mit Kot beschmutzten Gefäße. Als er dabei erschauderte, sprach sie: „Siehe da, wie du mir dienst, du reichst mir schöne Rosen in einem schmutzigen und unreinen Gefäße. Urteile selbst, ob ich sie mit Wohlgefallen annehmen kann!"
ZWEIUNDVIERZIGSTE ROSE: Man muß den Rosenkranz mit Andacht beten
Um gut zu beten, genügt es nicht, unsere Bitten durch die vorzüglichste aller Gebetsweisen, nämlich den Rosenkranz, vorzubringen, sondern man muß auch große Andacht darauf verwenden, weil Gott mehr auf die Stimme des Herzens, als auf die Stimme des Mundes hört.
Mit freiwilligen Zerstreuungen zu Gott beten wäre eine große Unehrerbietigkeit, die unsere Rosenkränze unfruchtbar machen und uns mit Sünden beladen würde. Wie dürfte man Gott bitten, er möge uns anhören, wenn wir uns selbst nicht einmal hören, und während wir diese furchtbare Majestät, die alles erzittern macht, um etwas bitten, uns freiwillig damit aufhalten, einem Schmetterlinge nachzulaufen? So wenden wir den Segen dieses großen Herrn von uns ab und verwandeln ihn in den Fluch, der gegen jene ausgesprochen ist, die das Werk Gottes mit Nachlässigkeit vollbringen: Maledictus qui facit opus Dei neglegenter: „Verflucht sei, wer das Werk des Herrn nachlässig vollbringt! "Jer 48,10)
Du kannst in Wahrheit den Rosenkranz nicht ohne irgendwelche unfreiwillige Zerstreuungen beten; es ist sogar schwer, ein Ave Maria zu beten, ohne daß deine stets bewegliche Einbüdungskraft dir etwas von der Aufmerksamkeit raube; aber du kannst ihn ohne freiwillige Zerstreuung beten, und du mußt allerlei Mittel anwenden, um die unfreiwilligen zu vermindern und deine Phantasie zu fesseln.
Versetze dich zu diesem Zwecke in die Gegenwart Gottes, glaube daran, daß Gott und Seine heilige Mutter dich sehen, daß dein guter heiliger Schutzengel zu deiner Rechten die gut verrichteten Ave Maria als ebensoviele Rosen nimmt, um daraus für Jesus und Maria einen Kranz zu flechten, und daß der Teufel hingegen zu deiner Linken dir auflauert, um deine Ave Maria zu verschlingen und in sein Buch des Todes aufzuzeichnen, wenn du sie nicht mit Aufmerksamkeit, Andacht und Bescheidenheit betest. Vergiß vor allem nicht die Aufopferung der Zehner zu Ehren der Geheimnisse vorzunehmen und dir in deiner Phantasie den göttlichen Heiland und seine heiligste Mutter in dem betreffenden Geheimnisse vorzustellen.
Man liest folgendes im Leben des seligen Hermann aus dem Orden der Prämonstratenser. Als er den Rosenkranz aufmerksam und andächtig unter Betrachtung der heiligen Geheimnisse betete, erschien ihm die Mutter Gottes ganz von Lichtglanz umflossen in entzückender Schönheit und Majestät. Später aber, nachdem seine Andacht erkaltete, erschien sie ihm mit Runzeln im Antlitz, ganz traurig und unfreundlich. Da Hermann über diese Veränderung erstaunt war, sprach Maria zu ihm: „Ich erscheine so vor deinen Augen, wie ich jetzt in deiner Seele bin, denn du behandelst mich nur noch als eine niedere und verächtliche Person. Wo ist die Zeit, da du mich mit Ehrerbietung und Aufmerksamkeit grüßtest in Betrachtung meiner Geheimnisse und voll Bewunderung über meine Größe?"
DREIUNDVIERZIGSTE ROSE: Man muß die Zerstreuungen mutig bekämpfen
Wie es kein für die Seele verdienstreicheres Gebet gibt, als den gut gebeteten Rosenkranz, so bietet auch kein Gebet mehr Schwierigkeit, es gut zu verrichten und darin auszuharren, namentlich wegen der Zerstreuungen, die bei einer so häufigen Wiederholung desselben Gebetes von selber kommen.
Wenn man die Tagzeiten der Allerseligsten Jungfrau oder die sieben Bußpsalmen oder andere Gebete als den Rosenkranz betet, so fesselt die Abwechslung oder die Verschiedenheit der Ausdrücke, mit der die Gebete abgefaßt sind, die Phantasie und regt den Geist an, und infolgedessen bieten sie der Seele mehr Leichtigkeit, sie gut zu verrichten.
Aber weil man im Rosenkranz immer dieselben Vaterunser und Gegrüßet seist Du Maria usw. zu beten und dieselbe Form einzuhalten hat, ist es sehr schwer, sich dabei nicht zu langweilen, und man gibt ihn leicht auf, um sich anderen, anregenderen und weniger langweiligen Gebeten zuzuwenden. Es braucht deshalb viel mehr Andacht, um im Rosenkranz auszuharren, als in irgendeinem anderen Gebete, selbst im Psalterium Davids.
Was die Schwierigkeiten erhöht, ist unsere Einbildungskraft, die so flüchtig ist, daß sie fast keinen Augenblick ruhig bleibt, und die Bosheit des Teufels, der unermüdlich uns zu zerstreuen und am Gebet zu hindern sucht. Was tut dieser böse Geist nicht alles gegen uns, während wir eben unseren Rosenkranz beten, um ihn zu bekämpfen? Er erhöht unsere natürliche Trägheit und Nachlässigkeit. Bevor wir noch mit dem Gebete beginnen, vermehrt er unseren Überdruß, unsere Zerstreuungen, unsere Niedergeschlagenheit. Während wir beten, belästigt er uns von allen Seiten, und, nachdem wir mit großer Mühe und vielen Zerstreuungen zu Ende gekommen sind, flüstert er uns zu: „Was du gebetet hast, ist ganz wertlos; dein Rosenkranz ist nichts wert, du würdest besser tun, zu arbeiten und deine Geschäfte zu besorgen; du verlierst deine Zeit mit so vielen mündlichen und unandächtigen Gebeten; eine halbstündige Betrachtung oder eine geistliche Lesung wäre viel besser. Morgen, wenn du weniger schläfrig bist, wirst du andächtiger beten, verspare den Rest deines Rosenkranzes auf morgen."
Durch solche Listen erzielt der Teufel oft, daß jemand den Rosenkranz ganz oder teilweise aufgibt, oder ihn gegen andere Gebete vertauscht oder ihn verschiebt.
Glaube ihm nicht, mein lieber Mitbruder, und fasse Mut, wenn auch deine Phantasie während des ganzen Rosenkranzes von abschweifenden Gedanken erfüllt war, wenn du nur, sobald du es bemerktest, versucht hast, sie so gut als möglich auszuschlagen.
Dein Rosenkranz ist umso besser, je verdienstreicher er ist; er ist umso verdienstreicher, je beschwerlicher er ist; er ist umso beschwerlicher, je weniger er der Seele natürlicherweise angenehm und je mehr er von diesen erbärmlichen kleinen Fliegen und Ameisen belästigt ist, die gegen unseren Willen in der Phantasie hin- und herlaufen und der Seele keine Zeit lassen, das Gebet zu kosten und in Frieden zu ruhen.
Wenn du während deines ganzen Rosenkranzes gegen die anstürmenden Zerstreuungen kämpfen mußt, so kämpfe tapfer, mit den Waffen in der Hand, d.h. setze deinen Rosenkranz fort, wenn auch ohne jeden fühlbaren geistlichen Trost. Es ist das ein mühseliger, aber für die treue Seele heilsamer Kampf.
Wenn du die Waffen streckst, d.h. den Rosenkranz aufgibst, dann bist du besiegt, und der Teufel, der deine Standhaftigkeit überwunden hat, wird dich für den Augenblick in Ruhe lassen, um am Tage des Gerichtes dir deinen Kleinmut und deine Untreue vorzuhalten. Qui fidelis est in minimo, et in majori fidelis erit: „Wer im Geringsten treu ist, der ist auch im Größeren getreu" (Lk 16,10). Wer treu ist, die kleinsten Zerstreuungen auch beim geringsten Teil seiner Gebete zu bekämpfen, der wird auch in den größten Dingen treu sein. Nichts ist so gewiß, wie dies; denn der Heilige Geist selbst hat es gesagt.
Mut also, getreue Diener und Dienerinnen Jesu Christi und Seiner heiligsten Mutter, die ihr den Entschluß gefaßt habt, den Rosenkranz täglich zu beten! Die Menge der Fliegen, so nenne ich die Zerstreuungen, die während des Gebetes gegen euch ankämpfen, sollen es nicht zustande bringen, daß ihr die Gesellschaft Jesu und Mariä, in der ihr euch während des Rosenkranzgebetes befindet, feige verlasset. (Ich werde weiter unten die Mittel angeben, um die Zerstreuungen zu verhüten; siehe 50. Rose).
VIERUNDVIERZIGSTE ROSE: Wie man den Rosenkranz beten soll - Beispiel
Nachdem du den Heiligen Geist um Seinen Beistand angerufen hast, um den Rosenkranz gut zu beten, versetze dich einen Augenblick in die Gegenwart Gottes und mache die Aufopferung, wie sie weiter unten angegeben wird (siehe 50. Rose).
Vor jedem Gesätze halte einen Augenblick inne, länger oder kürzer, je nachdem es dir die Zeit gestattet, erwäge das Geheimnis, das du im folgenden Zehner verehrst und erbitte immer durch dieses Geheimnis und die Fürbitte der Mutter aller Gnaden eine Tugend, die in dem Geheimnisse am meisten hervorleuchtet, oder die du am notwendigsten hast.
Hüte dich vor allem vor den zwei gewöhnlichen Fehlern, welche fast alle Rosenkranzbeter begehen.
Der erste Fehler besteht darin, daß sie mit dem Rosenkranzgebet keine bestimmte Meinung verbinden, und wenn man sie dann fragt, wozu sie den Rosenkranz beten, können sie keine Antwort darauf geben. Habe deshalb immer, wenn du den Rosenkranz betest, einige Gnaden im Auge, die du erflehen, irgendeine Tugend, die du nachahmen, oder eine Sünde, die du ausrotten willst.
Der zweite Fehler, den man gewöhnlich beim Beten des Rosenkranzes begeht, hegt darin, daß man beim Beginn keine andere Absicht hat, als möglichst bald damit fertig zu werden. Das kommt daher, daß man den Rosenkranz als eine Bürde empfindet, die schwer auf den Schultern lastet, solange man ihn nicht gebetet hat, besonders wenn man sich eine Gewissenssache daraus gemacht oder wenn man ihn als Buße und gleichsam gegen seinen Willen bekommen hat.
Es ist erbärmlich, zu sehen, wie die meisten ihren Rosenkranz beten. Sie beten ihn mit einer unbegreiflichen Eilfertigkeit und überhasten dabei einen Teil der Worte. Nicht einmal dem niedrigsten Menschen wollte man eine Höflichkeitsbezeugung auf so lächerliche Weise darbringen, und man glaubt, Jesus und Maria würden dadurch geehrt werden! Muß man sich nachher wundern, wenn die heiligsten Gebete der christlichen Religion fast fruchtlos bleiben, und wenn man nach tausend und zehntausend hergesagten Rosenkränzen nicht heiliger ist?
Lieber Mitbruder, halte mit deiner natürlichen Übereilung beim Gebete ein und mache im Vaterunser und im Ave Maria eine längere Pause in der Mitte und eine kleinere nach den Worten, die ich nachstehend mit einem Sternchen bezeichne:
Vater unser, der Du bist im Himmel * geheiliget werde Dein Name * zu komme uns Dein Reich * Dein Wille geschehe wie im Himmel, also auch auf Erden*. - Gib uns heute unser tägliches Brot * und vergib uns unsere Schuld * wie auch wir vergeben unseren Schuldigrn * und führe uns nicht in Versuchung * sondern erlöse uns von dem Übel. * Amen.
Gegrüßet seist Du, Maria, * voll der Gnade * der Herr ist mit Dir * Du bist gebenedeit unter den Weibern * und gebenedeit ist die Frucht Deines Leibes * Jesus * - Heilige Maria, Mutter Gottes * bitte für uns arme Sünder* jetzt und in der Stunde unseres Absterbens.* Amen.
Zuerst wird es dir wegen deiner schlechten Gewohnheit, hastig zu beten, Mühe bereiten, diese Zwischenpausen zu machen; dafür aber wird ein so bedächtig gebetetes Gesätzchen auch viel verdienstlicher sein als Tausende von Rosenkränzen, die in der Eile, ohne Nachdenken und Anhalten gebetet werden.
Der selige Alanus de Rupe und andere Schriftsteller, wie z.B. der heilige Robert Bellarmin, erzählen folgendes Beispiel. Ein frommer Priester riet einmal drei Schwestern, die seine Beichtkinder waren, ein Jahr lang jeden Tag ohne Ausnahme andächtig den Rosenkranz zu beten, um der Allerseligsten Jungfrau ein schönes Ehrenkleid daraus zu bereiten, und er fügte bei, es sei dies ein Geheimnis, welches er vom Himmel erhalten habe. Alle drei Schwestern beteten den Rosenkranz ein Jahr lang.
Am Vorabend des Festes Mariä Reinigung, als sich alle drei zur Ruhe begeben hatten, trat die Gottesmutter in ihr Zimmer, von der heiligen Katharina und der heiligen Agnes begleitet, angetan mit einem von Lichtglanz blendenden Kleide, auf welchem an allen Seiten in goldenen Buchstaben geschrieben stand: Ave Maria gratia plena. Die Himmelskönigin näherte sich dem Lager der ältesten Schwester und sprach zu ihr: „Ich grüße dich, meine Tochter, die du mich so oft und so andächtig gegrüßt hast. Ich komme, um dir für das schöne Gewand zu danken, das du mir verfertigt hast." Die beiden heiligen Jungfrauen, die sie begleiteten, dankten ihr ebenfalls, und die Erscheinung verschwand.
Eine Stunde später trat die Gottesmutter mit ihren zwei Begleiterinnen wieder ins Zimmer, mit einem grünen Gewände bekleidet, aber ohne Gold und ohne Lichtglanz, näherte sich dem Bette der zweiten Schwester, und dankte ihr für dieses Kleid, das sie ihr mit dem Rosenkranzgebet geschenkt habe. Aber da die zweite Schwester gesehen hatte, daß die Allerseligste Jungfrau der älteren Schwester viel glänzender erschienen war, fragte sie nach der Ursache. Maria antwortete: „Sie hat mir schönere Kleider verfertigt, da sie ihren Rosenkranz besser betete als du."
Ungefähr eine Stunde nachher erschien Maria ein drittes Mal der jüngsten Schwester, bekleidet mit einem schmutzigen und zerrissenen Gewand und sprach zu ihr: „O meine Tochter, so hast du mich gekleidet, ich danke dir dafür."
Voll Beschämung rief das Mädchen aus: „Wie! meine Herrin, so schlecht habe ich Dich gekleidet! O, ich bitte Dich um Verzeihung! Gib mir noch Zeit, und ich werde Dir ein schöneres Kleid machen, indem ich meinen Rosenkranz besser bete!"
Nachdem die Erscheinung verschwunden war und die jüngste Schwester tiefbetrübt alles dem Beichtvater erzählt hatte, was sich zugetragen, munterte er sie auf, den Rosenkranz ein Jahr lang vollkommener als bisher zu beten, was sie tat. Am Ende des Jahres erschien ihnen die Allerseligste Jungfrau wieder am Feste Mariä Reinigung gegen Abend, mit einem wunderbaren Gewände angetan und in Begleitung der heiligen Katharina und Agnes, welche Kronen trugen, und sprach zu ihnen: „Meine Töchter, seid des Himmelreiches gewiß, morgen werdet ihr mit großem Jubel in dasselbe eingehen!" Alle drei antworteten darauf: „Unser Herz ist bereit, o unsere teure Herrin, unser Herz ist bereit." Die Erscheinung verschwand.
In derselben Nacht wurden die drei Schwestern krank, ließen den Beichtvater rufen, empfingen die Sterbesakramente und dankten ihm für die heilige Übung, die er sie gelehrt hatte. Nach der Komplet erschien ihnen die Mutter Gottes, von einer großen Zahl von Jungfrauen begleitet, ließ die drei Schwestern mit weißen Gewändern kleiden, worauf alle drei verschieden, während die Engel sangen: „Kommet, ihr Bräute Jesu Christi und empfanget die Kronen, die euch in der Ewigkeit bereitet sind."
Lerne aus dieser Erzählung mehrere Wahrheiten:
FÜNFUNDVIERZIGSTE ROSE: Wie man auch die äußere Ehrfurcht wahren soll
Ich füge bei, daß man den Rosenkranz auch mit äußerer Ehrfurcht beten soll, d.h. wenn möglich auf den Knien mit dem Rosenkranz in der gefalteten Hand. Jedoch, wenn man krank ist, kann man ihn auch im Bett verrichten; ist man auf der Reise, so betet man ihn im Gehen oder Fahren; wenn man aus Kränklichkeit nicht knien kann, darf man ihn stehend oder sitzend verrichten.
Man darf ihn sogar während der Arbeit beten, wenn man die Arbeit nicht verlassen kann, ohne die Standespflichten zu verletzen, denn die Handarbeit ist dem mündlichen Gebete nicht immer hinderlich. Ich gestehe, daß unsere Seele, die nur von beschränkter Fähigkeit ist, der Geistestätigkeit, z.B. dem Gebete, weniger Aufmerksamkeit schenken kann, während sie auf die Handarbeit achtet; im Notfälle indessen hat dieses Gebet seinen Wert in den Augen Mariä, die mehr den guten Willen des Herzens als das äußere Werk belohnt.
Ich rate dir, den Psalter in drei Rosenkränze einzuteilen oder ihn zu drei verschiedenen Tageszeiten zu beten. Es ist besser, ihn so zu verteilen, als ihn auf einmal ganz zu beten.
Wenn du nicht genug Zeit finden kannst, fünf Gesätze nacheinander zu beten, so bete einen Zehner da, einen Zehner dort. Auf diese Weise kannst du trotz aller deiner Beschäftigungen deinen Psalter vor dem Schlafengehen vollendet haben.
Ahme hierin die Treue des heiligen Franz von Sales nach. Auf einer Visitationsreise hatte er eines Tages bis in die späte Nacht hinein keine Zeit gefunden, seinen Rosenkranz zu vollenden. Kurz vor Mitternacht erinnerte er sich, daß ihm noch einige Gesätze seines Psalters zu beten übrigblieben. Gleich kniete er nieder und betete sie vor dem Schlafengehen, trotzdem sein Hofkaplan, der ihn so ermüdet sah, ihm zuredete, den Rest seines Gebetes auf den folgenden Tag zu verschieben.
Ahmet auch die Treue, die Ehrfurcht und die Andacht jenes heiligen Ordensmannes nach, von dem die Chroniken des heiligen Franziskus sprechen, und der die Gewohnheit hatte, vor dem Mittagessen mit großer Andacht und Ehrfurcht einen Rosenkranz zu beten. Ich habe weiter oben davon gesprochen.
SECHSUNDVIERZIGSTE ROSE: Wie man den Rosenkranz gemeinschaftlich und in zwei Chören beten soll
Von allen Arten, den heiligen Rosenkranz zu beten, gereicht keine Gott mehr zur Ehre, der Seele mehr zum Nutzen und dem Teufel mehr zum Schrecken als das öffentliche, chorweise Beten.
Gott liebt die Versammlungen. Alle Engel und Seligen, die im Himmel versammelt sind, singen unaufhörlich Sein Lob. Die auf Erden in verschiedenen Genossenschaften und Gemeinden versammelten Gerechten beten gemeinsam Tag und Nacht. Der göttliche Heiland hat diese Übung Seinen Aposteln und Jüngern ausdrücklich anbefohlen und ihnen versprochen, wo immer wenigstens zwei oder drei in Seinem Namen versammelt seien, da befinde Er sich mitten unter ihnen (Mt 18,20). Welches Glück, Jesus Christus in seiner Gesellschaft zu haben! Um Ihn zu besitzen, braucht man sich nur zum Rosenkranz zu versammeln.
Aus diesem Grunde versammelten sich die ersten Christen so oft zum gemeinsamen Gebete trotz der Verfolgungen der Kaiser, die ihnen die Zusammenkünfte verboten. Lieber wollten sie sich dem Tode aussetzen als die Versammlung unterlassen, weil sie die Gesellschaft Jesu Christi haben wollten.
Diese Art zu beten gereicht der Seele zu größerem Nutzen:
Als Ludwig der Gerechte (König Ludwig XIII. (1610 -1643)), glücklichen Angedenkens, einst La Rochelle belagerte, wo die aufrührerischen Häretiker sich verschanzt hatten, schrieb er an seine Mutter, die Königin, sie möge für das Glück seiner Waffen öffentliche Gebete verrichten lassen. Die Königin beschloß, den Rosenkranz öffentlich in der Dominikanerkirche der Vorstadt Saint Honoré von Paris beten zu lassen, was durch Vermittlung des Erzbischofs ausgeführt wurde. Man begann diese Andacht am 20. Mai 1628. Die Königin-Mutter und die regierende Königin nahmen daran teil, sowie der Herzog von Orléans, die Kardinäle de la Rochefaucauld und de Berulle, mehrere Prälaten, der ganze Hof und eine unzählbare Volksmenge. Der Erzbischof las mit lauter Stimme die Betrachtungen über die Geheimnisse des Rosenkranzes vor und begann hierauf das Vaterunser und Ave Maria eines jeden Zehners, während die Ordensleute und übrigen Anwesenden antworteten. Nach dem Rosenkranz trug man das Bild der Gottesmutter in Prozession unter dem Gesang der Lauretanischen Litanei umher. Man wiederholte diese Andacht jeden Samstag mit bewundernswertem Eifer und sichtlichem Segen des Himmels, denn der König triumphierte bei der Insel Ré über die häretischen Engländer und zog am Allerheiligenfeste desselben Jahres siegreich in La Rochelle ein. Hieraus kann man die Macht des öffentlichen Gebetes ersehen.
Die Soldaten vereinigen sich zu Armeekorps, um den Feind zu schlagen; die Schlechten versammeln sich oft, um ihren Lastern und Tänzen zu fröhnen; selbst die Teufel vereinigen sich, um uns zu verderben. Warum sollten sich also nicht auch die Christen versammeln, um in Gesellschaft Jesu Christi zu sein, um den Zorn Gottes zu besänftigen, Seine Gnade und Sein Erbarmen herabzuziehen und um die Teufel machtvoller zu besiegen und niederzuschmettem?
Liebe Mitglieder der Rosenkranzbruderschaft in der Stadt und auf dem Lande, wenn ihr in der Nähe der Pfarrkirche oder einer Kapelle wohnt, so begebet euch wenigstens jeden Abend dahin, um mit Erlaubnis des Vorstehers jener Kirche und im Verein mit allen, die daran teilnehmen wollen, den Rosenkranz in zwei Chören zu beten. Tut dasselbe in euerem Hause oder in einem anderen Privathause des Ortes, wenn ihr keine Kirche oder Kapelle in der Nähe habt.
Es ist dies ein heiliger Brauch, den Gott durch Seine Barmherzigkeit dort eingeführt hat, wo ich Missionen gehalten habe, um deren Frucht zu bewahren und zu vermehren und um die Sünde zu verhindern. Bevor der Rosenkranz in diesen Städten und Dörfern eingeführt war, sah man dort nichts als Tanz, Ausschweifung, Unsittlichkeit, Fluchen, Zank und Spaltung; man hörte dort nichts als unanständige Lieder und zweideutige Reden. Jetzt hört man nur noch das Lied der Lieder und die Psalmodie des Vaterunsers und Ave Maria; man sieht nur noch heilige Gesellschaften von zwanzig, dreißig, hundert und mehr Personen, die wie Ordensleute das Lob Gottes zu bestimmter Stunde singen. Es gibt selbst Orte, wo man jeden Tag den Rosenkranz zu drei verschiedenen Tageszeiten gemeinschaftlich betet. Welcher Segen des Himmels!
Da es überall Verworfene gibt, so zweifelt nicht daran, daß es auch an eurem Wohnorte einige schlechte Menschen geben wird, die nicht zum Rosenkranze kommen, die vielleicht sogar darüber spotten und alles in Bewegung setzen, durch boshafte Reden und durch ihr schlechtes Beispiel euch von dieser heiligen Übung abwendig zu machen. Haltet jedoch stand; da diese Unglückseligen in der Hölle auf ewig von Gott und Seinem Himmel getrennt sein sollen, so müssen sie sich schon hienieden im voraus von der Gesellschaft Jesu Christi und Seiner Diener und Dienerinnen ausscheiden.
SIEBENUNDVIERZIGSTE ROSE: Man soll den Rosenkranz täglich mit Glauben, Demut und Vertrauen beten:
Trennet euch von den Bösen, auserwählte Seelen, und um euch aus der Mitte jener zu retten, die wegen ihrer Gottlosigkeit, Unandacht und Trägheit verlorengehen, verliert keine Zeit und betet oft den heiligen Rosenkranz mit Glauben, mit Demut, Vertrauen und Beharrlichkeit.
Wer ernstlich an das Gebot Jesu Christi denkt, daß man immer beharrlich beten soll, wie Er uns das Beispiel gegeben hat; wer bedenkt, wie sehr wir das Gebet notwendig haben wegen unserer Finsternis, Unwissenheit und Schwachheit und wegen der Menge unserer Feinde, der wird sich gewiß nicht damit zufriedengeben, den Psalter jährlich einmal zu beten, wie die Bruderschaft des ewigen Rosenkranzes verlangt, oder allwöchentlich, wie es Vorschrift ist in der gewöhnlichen Rosenkranzbruderschaft, sondern er wird ihn jeden Tag ohne Ausnahme beten, wie die Bruderschaft des täglichen Rosenkranzes vorschreibt, obschon er dazu keine andere Verpflichtung hat als die, sein Heil zu wirken.
Erstens. Oportet, man muß, es ist nötig, semper orare, immer beten, et non deficere, und nicht nachlassen, zu beten (vgl. Lk 18,1)!
Das sind ewig gültige Worte Jesu Christi, die man glauben und üben muß unter Strafe der Verdammnis. Erklärt sie, wie ihr wollt, wenn ihr sie nur nicht im Sinn und Geiste der Welt erklärt, um sie dann auch im Sinn und Geiste der Welt zu üben. Jesus Christus hat uns die wahre Erklärung im Beispiel gegeben, das Er uns hinterlassen: Exemplum dedi vobis, ut quemadmodum ego feci, ita et vos faciatis: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so tut, wie Ich getan habe." (Joh 13,15). Als ob Ihm der Tag nicht genügt hätte, verwandte Er auch noch die Nacht aufs Gebet: Erat pemoctans in oratione Dei: „Er verbrachte die ganze Nacht im Gebete zu Gott." (Lk 6,12).
Seinen Aposteln wiederholte Er oft die zwei Worte: Vigilate et orate! Wachet und betet, damit ihr nicht in Versuchung fallet! Der Geist ist zwar willig, das Fleisch aber ist schwach (Mt 26,41), die Versuchung nahe und andauernd; wenn ihr nicht immer betet, werdet ihr unterliegen. Sie glaubten offenbar, was der göttliche Heiland ihnen sagte, sei nur ein Rat, sie legten Seine Worte falsch aus, und darum fielen sie in Versuchung und Sünde, obwohl sie in der persönlichen Gesellschaft Jesu Christi waren.
Lieber Mitbruder, wenn du nach der allgemein herrschenden Ansicht und Gewohnheit leben willst, nämlich von Zeit zu Zeit in die Todsünde fallen und dann wieder beichten gehen, die groben und auffallenden Sünden meiden und die „anständigen Sünden" behalten, dann brauchst du nicht so viele Gebete, so viele Rosenkränze; ein kleines Gebetlein morgens und abends, einige Rosenkränze, die du als Buße bekommen, einige Gesätzchen des Rosenkranzes (eilig und konzentrationslos), wenn dir gerade die Laune kommt, mehr braucht es nicht, um als „anständiger“ Mensch zu leben. Wenn du weniger tätest, würde man dich für einen Freidenker halten, würdest du aber mehr tun, so würde man dich der Sonderlichkeit und Frömmelei zeihen.
Willst du jedoch wie ein wahrer Christ, der in Wahrheit seine Seele retten und in den Fußstapfen der Heiligen wandeln will, in gar keine schwere Sünde fallen, alle Schlingen des Teufels zerreißen und alle seine giftigen Pfeile unwirksam machen, dann mußt du immer beten, wie Jesus Christus gelehrt und befohlen hat. So mußt du wenigstens jeden Tag deinen Rosenkranz oder einige gleichwertige Gebete verrichten. Ich sage wenigstens, denn das ist alles, was du mit dem täglichen Rosenkranz erreichen kannst, nämlich alle Todsünden vermeiden und alle Versuchungen überwinden inmitten der Ströme der Bosheit dieser Welt, die oft die Tugendhaftesten mitreißen, inmitten der dichten Finsternis, die oft die Erleuchtesten blendet, inmitten der bösen Geister, die erfahrener als je und wohl wissend, daß ihnen wenig Zeit bleibt (vgl. Apk 12,12), mit größerer Schlauheit und mehr Erfolg die Seelen versuchen.
O welches Gnadenwunder des heiligen Rosenkranzes, wenn du der Welt, dem Teufel, dem Fleisch und der Sünde entrinnst und in den Himmel kommst! Wenn du nicht meiner Behauptung glauben willst, so glaube doch deiner eigenen Erfahrung. Ich frage dich, ob du zu jener Zeit, da du nur wenige Gebete nach Art der Welt und nach der gewöhnlichen Weise übtest, dich vor schweren Fehlern hüten konntest und vor schweren Sünden, die dir nur infolge deiner Verblendung als leicht vorkamen?
Öffne also die Augen und bete immer, und um in Heiligkeit ohne Sünde, wenigstens ohne Todsünde, zu leben und zu sterben, bete ohne Unterlaß! Bete deinen Psalter täglich, wie es alle Mitglieder bei der Gründung der Rosenkranzbruderschaft taten.
Als die Allerseligste Jungfrau dem heiligen Dominikus den Rosenkranz übergab, befahl sie ihm, denselben täglich zu beten und beten zu lassen. Auch nahm der Heilige niemand in die Bruderschaft auf, der nicht den Entschluß gehabt hätte, ihn täglich ganz zu beten. Wenn man jetzt in der gewöhnlichen Rosenkranzbruderschaft nur noch einen Psalter in der Woche verlangt, so geschieht das nur, weil der Eifer vermindert und die Liebe erkaltet ist. Man sucht zu erreichen, was man von einem lässigen Beter erreichen kann. Ab initio non fuit sic: „Im Anfang war es nicht so." (Mt 19,18).
Drei Dinge sind noch zu beachten:
Beati qui stant coram te semper: „Glückselig, die immer vor Dir stehen." (3 Kg 10,8) Beati, qui habitant in domo tua, Domine, in saecula saeculorum laudabunt te: „Glückselig, die in Deinem Hause wohnen, allezeit loben sie Dich." (Ps 83,5) Glücklich, o Herr Jesus, die Mitglieder der Rosenkranzbruderschaft, die Dich täglich umgeben, sei es in Deinem kleinen Häuschen zu Nazareth, sei es am Kreuze auf Kalvaria, sei es auf Deinem Himmelsthrone, in Erwägung und Betrachtung Deiner freudenreichen, schmerzensreichen und glorreichen Geheimnisse! O wie glücklich sind sie auf Erden wegen der besonderen Gnaden, die Du ihnen mitteilst, und wie glückselig werden sie im Himmel sein, wo sie Dich auf besondere Weise loben werden von Ewigkeit zu Ewigkeit!
Zweitens muß man den Rosenkranz mit Glauben beten, nach den Worten Jesu Christi: Credite, quia accipietis, et fient vobis, alles, was ihr immer im Gebet erbittet, glaubet, daß ihr es erhalten werdet, so wird es euch werden! (Mk 11,24) Er wird zu dir sagen: Sicut credidisti, fiat tibi: wie du geglaubt hast, geschehe dir (Mt 8,13). Si quis indiget sapientia, postulet a Deo; postulet autem in fide nihil haesitans: wenn es einem an Weisheit gebricht, so erbitte er sie von Gott im Glauben, ohne zu zweifeln (vgl. Jak 1,6), indem er seinen Rosenkranz betet, und sie wird ihm gegeben werden.
Drittens muß man mit Demut beten wie der Zöllner; er kniete mit beiden Knien auf dem Boden und nicht mit dem einen in der Luft oder auf der Bank wie die stolzen Weltleute; er befand sich ganz hinten im Tempel und nicht im Heiligtume wie der Pharisäer; er hatte die Augen zu Boden gesenkt und wagte nicht, gen Himmel zu blicken, er schaute nicht erhobenen Hauptes hin und her wie der Pharisäer. Er schlug an die Brust, bekannte sich als Sünder und bat um Verzeihung: Propitius esto mihi peccatori: sei mir armem Sünder gnädig! (vgl. Lk 18,13) Und nicht wie der Pharisäer, der sich mit seinen guten Werken brüstete und die andern in seinen Gebeten verachtete. Hüte dich vor dem stolzen Gebete des Pharisäers, das ihn verstockter und schlechter machte; ahme dafür die Demut des Zöllners in seinem Gebete nach, wodurch er die Verzeihung seiner Sünden erlangte.
Hüte dich vor dem Wunsche nach dem Außergewöhnlichen, nach außerordentlicher Erkenntnis, nach Gesichten, Offenbarungen und andern wunderbaren Gnaden, die Gott manchmal den Heiligen beim Rosenkranzgebet verliehen hat. Sola fides sufficit, jetzt, da das Evangelium und alle Andachten und Übungen der Frömmigkeit fest genug begründet sind, genügt der Glaube allein.
In Trockenheit, Widerwillen und innerer Verlassenheit unterlasse nie den geringsten Teil deines Rosenkranzes; das wäre ein Zeichen von Stolz und Untreue. Als wackerer Kämpfer Jesu und Mariä bete vielmehr ganz trocken, ohne etwas zu sehen, zu fühlen, noch zu kosten, dein Vaterunser und Ave Maria, indem du die Geheimnisse so gut als möglich betrachtest.
Wünsche dir nicht Zuckerwerk zu deinem täglichen Brot, wie die Kinder; verlängere vielmehr manchmal deinen Rosenkranz, wenn du viel Mühe hast, ihn zu beten, um dadurch Jesus Christus in Seiner Todesangst vollkommener nachzuahmen: Factus in agonia, prolixius orabat (Lk 22,43), auf daß man von dir sagen könne, was von Jesus Christus geschrieben steht, als Er in der Todesangst betete: da betete Er noch inständiger.
Viertens bete mit viel Vertrauen, das sich auf die unendliche Güte und Freigebigkeit Gottes und auf die Verheißungen Jesu Christi stützt. Gott ist eine Quelle des lebendigen Wassers, das unaufhörlich in das Herz der Betenden fließt.
Jesus Christus ist die Brust des Ewigen Vaters, ganz erfüllt von der Milch der Gnade und Wahrheit. Der Ewige Vater hat für uns Menschen kein sehnlicheres Verlangen, als uns die heilbringenden Wasser Seiner Gnade und Seines Erbarmens mitzuteilen, und Er ruft: Omnes sitientes venite ad aquas: „Kommet zum Wasser, ihr Durstigen alle!" (Is 55,1) Das bedeutet: „Kommet, trinket durch das Gebet von Meinen Wassern!“ Und wenn man Ihn nicht bittet, so beklagt Er sich, daß man Ihn verläßt: Me dereliquerunt fontem aquae vivae: „Mich, den Quell lebendigen Wassers, haben sie verlassen" (Jer 2,13).
Man bereitet Jesus Christus eine große Freude, wenn man Ihn um Seine Gnade bittet, ja eine größere Freude, als das Kind der Mutter bereitet, wenn es an ihrer vollen Mutterbrust trinkt. Das Gebet ist der Kanal der Gnade Gottes und die Brust Jesu Christi. Wenn man nicht, wie alle Kinder Gottes es tun sollen, durch das Gebet daraus trinkt, so beklagt Er sich ganz liebreich: Usquemodo non petistis quidquam! Petite et accipietis (Joh 16,24); quaerite et invenietis; pulsate et aperietur vobis (Mt 7,7). Bis jetzt habt Ihr Mich um nichts gebeten. O bittet Mich und Ich werde geben, suchet bei Mir und ihr werdet finden; klopfet an Meine Tür, und Ich werde euch öffnen! Um dir noch mehr Vertrauen zum Gebet einzuflößen, hat er Sein Wort darauf gegeben, daß der Ewige Vater uns alles gewähren werde, um was wir Ihn in Seinem Namen bitten werden (vgl. Joh 16,23).
ACHTUNDVIERZIGSTE ROSE: Lasset uns in der Andacht des heiligen Rosenkranzes ausharren!
Zum Vertrauen fügen wir fünftens die Beharrlichkeit im Gebete hinzu. Nur wer ausharrt im Beten, im Suchen und Anklopfen, wird empfangen, finden und Einlaß erhalten. Es genügt nicht, während einem Monat, ein Jahr, ja zehn, zwanzig Jahre lang Gott um eine Gnade zu bitten, man darf es sich nicht verdrießen lassen, et non deficere (Lk 18,1), man muß bis zum Tode bitten und entschlossen sein, entweder die Gnade, die man zu seinem Heile erbittet, zu erlangen oder zu sterben, ja man muß selbst den Tod mit der Beharrlichkeit im Gebete und mit dem Vertrauen auf Gott verbinden und sagen: Etiam si occiderit me, in ipso sperabo! Selbst wenn Er mich tötet, werde ich auf Ihn hoffen (Job 13,15) und von Ihm erwarten, um was ich Ihn bitte!
Die Freigebigkeit der Großen und Reichen dieser Welt gewinnt an Großmut, wenn sie durch ihre Wohltaten den Dürftigen zuvorkommt, selbst ehe sie darum bitten. Gott im Gegenteil zeigt sich umso herrlicher, je länger Er die Gnaden, die Er verleihen will, suchen und erbitten läßt; und je kostbarer die zu verleihende Gnade ist, desto länger zögert Er, sie zu gewähren:
Sei also beharrlich, lieber Mitbruder, Gott durch den heiligen Rosenkranz um alle zeitlichen und geistlichen Gnaden zu bitten, deren du bedarfst, und insbesondere um die göttliche Weisheit, die ein unerschöpflicher Schatz für die Menschen ist: Infinitus enim thesaurus est hominibus (Weish 7,14), und du wirst sie früher oder später unfehlbar erhalten unter der Bedingung, daß du den Rosenkranz niemals aufgibst und nicht mitten auf dem Weg den Mut verlierst. Grandis enim tibi restat via: denn ein weiter Weg steht dir noch bevor (3 Kg 19,7), noch manches Ungewitter hast du zu überstehen, noch viele Schwierigkeiten zu überwinden, noch viele Feinde niederzuringen, bevor du genug Schätze für die Ewigkeit gesammelt, genug Vaterunser und Ave Maria gebetet hast, um den Himmel zu erkaufen und die schöne Krone zu gewinnen, die eines treuen Rosenkranzverehrers harrt.
Nemo accipiat coronam tuam: „Niemand soll dir deine Krone rauben!" (Apk 3,11) Gib acht, daß nicht ein anderer, der im täglichen Rosenkranzgebet treuer ist als du, sie dir wegnehme. Coronam tuam, sie gehört dir, Gott hat sie für dich bereitet, du hattest sie durch deine gut gebeteten Rosenkränze schon halb gewonnen, und weil du auf dem besten Wege stehengeblieben bist, auf dem du so gut vorwärts geschritten warst, currebatis bene (Gal 5,7), ist ein anderer, der dich überholte, vor dir angelangt, ein anderer, der eifriger und treuer war, hat durch seine Rosenkränze und guten Werke den Preis für diese Krone verdient und erlegt. Quis vos impedivit? Wer hat dich aufgehalten (Gal 5,7), die Krone des heiligen Rosenkranzes zu erlangen? Ach, die Feinde des Rosenkranzes, die so zahlreich sind! Glaube mir, nur die Starken reißen sie mit Gewalt an sich: Violenti rapiunt (Mt 11,12). Diese Kronen sind nicht für jene Furchtsamen, welche den Spott und die Drohungen der Welt fürchten; sie sind auch nicht für jene Trägen, die ihren Rosenkranz nur nachlässig beten oder hastig oder nur so obenhin oder von Zeit zu Zeit, je nach ihrer Laune. Diese Kronen sind nicht für jene Feiglinge, die das Herz verlieren und die Waffen strecken, wenn sie die ganze Hölle gegen ihren Rosenkranz entfesselt sehen.
Wenn du, lieber Mitbruder, es unternehmen willst, Jesu und Maria durch den täglichen Rosenkranz zu dienen, bereite deine Seele auf die Versuchung vor: Accedens ad servitutem Dei, praepara animam tuam ad tentationem: „Willst du dich dem Dienste Gottes ergeben, so mache dich auf Anfechtungen gefaßt." (Ekkli 2,1) Die Irrlehrer, die Freigeister, die sogenannten rechtschaffenen Weltmenschen, die Halbfrommen und falschen Propheten im Verein mit deiner verderbten Natur und der ganzen Hölle, werden dir schreckliche Kämpfe bereiten, um dich von dieser Andacht abwendig zu machen.
Um dich gegen die Angriffe nicht so sehr der Irrlehrer und erklärten Freigeister, als vielmehr der rechtschaffenen Leute im Sinne der Welt, und selbst der frommen Seelen, denen diese Übung nicht gefällt, zu wappnen, will ich dir einen Auszug ihrer Denkweise und Redensarten anführen:
Quid vult seminiverbius ille: „Was will dieser Schwätzer sagen?" (Apg 17,18) Venite, opprimamus eum, contrarius est enim: „Lasset uns diesen armen Gerechten unterdrücken,... denn er ist uns unnütz und steht unseren Werken entgegen." (vgl. Weish 2,10f) „Was leiert denn dieser Mensch immer Rosenkränze her? Welcher Müßiggang! Er tut nichts als Rosenkränze hersagen, er täte wohl besser daran, zu arbeiten, anstatt sich mit solchen Frömmeleien abzugeben! Ja freilich! Man muß nur den Rosenkranz beten, und es werden einem die gebratenen Tauben in den Mund fliegen! Der Rosenkranz gibt uns kein Brot! Das Sprichwort sagt: ‚Hilf dir selbst, so hilft dir Gott!‘ Warum aber sich mit so vielen Gebeten belasten? Brevis oratio penetrat coelos: Ein kurzes Gebet dringt durch die Wolken. Ein gut gebetetes Vaterunser und Gegrüßt seist Du... ist genug. Der liebe Gott hat uns den Rosenkranz recht befohlen; der ist gut, wenn man Zeit dazu hat, aber man kann auch ohne das selig werden. Wie viele Heilige haben ihn nie gebetet und sind doch heilig geworden!"
Und weiter: „Es gibt immer Leute, die verlangen, daß die ganze Welt sich nach ihnen richte. Es gibt Überspannte, die alles übertreiben, es gibt Skrupulanten, die dort Sünden sehen, wo keine sind; sie sagen, alle werden verdammt, welche nicht ihren Rosenkranz beten. Den Rosenkranz beten, das ist für die unwissenden alten Frauen, die nicht lesen können. Den Rosenkranz beten! Ist es nicht besser, das Offizium der Allerseligsten Jungfrau oder die sieben Bußpsalmen zu beten? Gibt es etwas Schöneres als diese Psalmen, die der Heilige Geist selber eingegeben hat? Du willst täglich einen ganzen Psalter beten? Strohfeuer ist das, das hält nicht lange an! Ist es nicht besser, weniger zu unternehmen und dafür treuer zu sein?"
Und ferner: „Ach was, glaube mir, mein Lieber, verrichte ein gutes Morgen- und Abendgebet und arbeite tagsüber für den lieben Gott, Gott verlangt nicht mehr von uns. Wenn du nicht deinen Lebensunterhalt verdienen müßtest, meinetwegen, dann könntest du dich verpflichten, deinen Psalter zu beten. Du kannst ihn an Sonn- und Feiertagen ganz nach Muße beten, nicht aber an den Werktagen, dann mußt du arbeiten."
Und auch: „Was? Einen so großen Rosenkranz bei sich tragen? Oder den Rosenkranz gar am Gürtel tragen? Welche Scheinheiligkeit! Ich rate dir, ihn um den Hals zu hängen, wie es die Spanier machen. Das sind noch eifrige Rosenkranzbeter, die tragen einen großen Rosenkranz in der einen Hand, während sie in der andern einen Dolch haben, um damit den Verräterstich zu führen. Laß doch diese äußerlichen Andachten, die wahre Andacht ist im Herzen, usw. usw. …"
Manche sonst ganz tüchtige Männer und große Gelehrte, die jedoch in ihrem Stolze alles kritisieren, werden dir den Rosenkranz kaum anraten. Sie werden dich eher dazu veranlassen, die sieben Bußpsalmen oder einige andere Gebete zu verrichten. Wenn irgendein guter Beichtvater dir zur Buße einen Psalter gegeben hat, den du vierzehn Tage oder einen Monat lang beten sollst, dann brauchst du nur zu einem jener Herren zur Beicht zu gehen, und deine Buße wird in einige andere Gebete, Fasten, Messen oder Almosen umgewandelt werden.
Selbst wenn du solche fromme Personen in der Welt, die die Vortrefflichkeit des Rosenkranzes nicht aus eigener Erfahrung kennen, um Rat fragst, so wirst du finden, daß sie ihn nicht nur niemand anraten, sondern sie werden noch die andern davon abhalten, um sie zur Beschauung anzuhalten, als ob der Rosenkranz und die Beschauung unvereinbar wären, als ob so viele heilige Rosenkranzverehrer nicht in der höchsten Beschauung gelebt hätten.
Deine inneren Feinde werden dich umso grausamer angreifen, je mehr du mit ihnen verbunden bist. Ich meine die Fähigkeiten deiner Seele und die Sinne deines Körpers, die Zerstreuungen des Geistes, der Überdruß des Willens, die Trockenheit des Herzens, die Beschwerden und Krankheiten des Leibes. All dies im Verein mit den bösen Geistern, die sich einmischen, wird dir zurufen: „Laß ab von deinem Rosenkranz, er ist es, der dir Kopfweh verursacht; laß ab von deinem Rosenkranz, es ist ja keine Verpflichtung unter Sünde; bete wenigstens nur einen Teil davon, deine Leiden sind ein Anzeichen, daß Gott nicht will, daß du ihn betest, du kannst ihn morgen beten, wenn du besser dazu aufgelegt bist, usw. usw. …“
Der tägliche Rosenkranz hat endlich so viele Feinde, daß ich es als einen der ausgezeichnetsten Gnadenerweise Gottes betrachte, darin bis zum Tode auszuharren. Verharre darin, und du wirst die wunderbare Krone erlangen, die deiner Treue im Himmel bereitet ist: Esto fidelis usque ad mortem, et dabo tibi coronam: „Sei getreu bis in den Tod, und Ich werde dir die Krone geben." (Offb 2,10)
NEUNUNDVIERZIGSTE ROSE: Bemerkungen über die Ablässe
Damit du beim Beten deines Rosenkranzes die den Mitgliedern der Rosenkranzbruderschaft gewährten Ablässe gewinnest, ist es angezeigt, einige Bemerkungen über die Ablässe beizufügen.
Der Ablaß im allgemeinen ist eine Nachlassung der zeitlichen Strafen für begangene Sünden durch Zuwendung der überfließenden Genugtuungen Jesu Christi, Seiner heiligsten Mutter und aller Heiligen, welche Genugtuungen im Kirchenschatz enthalten sind.
Der vollkommene Ablaß ist eine Nachlassung aller Sündenstrafen; der unvollkommene, z.B. von 100 Tagen, ist die Nachlassung so vieler Strafen, als man in 100 Tagen getilgt hätte, wenn man eine Buße von entsprechender Dauer nach den alten kirchlichen Satzungen erhalten hätte. Nun schrieben aber diese Satzungen für eine einzige Todsünde sieben und manchmal zehn und fünfzehn Jahre Buße vor, sodaß eine Person, die zwanzig Todsünden begangen hatte, wenigstens zwanzigmal sieben Jahre Buße hätte leisten müssen, und so weiter.
Damit die Mitglieder der Bruderschaft die Ablässe gewinnen, müssen sie:
Vernachlässige diese Ablässe nicht!
Flamin und viele andere Schriftsteller berichten, eine Dame aus vornehmer Familie, namens Alexandra, die wunderbar bekehrt und vom heiligen Dominikus in die Rosenkranzbruderschaft aufgenommen worden war, sei ihm nach ihrem Tode erschienen und habe zu ihm gesagt, sie sei zu siebenhundert Jahren Fegfeuer verurteilt worden wegen mehrerer Sünden, die sie durch ihre weltlichen Eitelkeiten begangen habe, und sie bat ihn, er möge ihr helfen und durch die Gebete der Mitglieder der Rosenkranzbruderschaft Hilfe zukommen lassen, was er auch tat. Vierzehn Tage darauf erschien sie dem heiligen Dominikus leuchtender als eine Sonne, denn so rasch war sie durch die Gebete erlöst worden, welche die Mitglieder der Bruderschaft für sie verrichtet hatten. Sie sagte ihm ferner, die Armen Seelen im Fegfeuer lassen ihn bitten, mit der Predigt des heiligen Rosenkranzes fortzufahren und Sorge zu tragen, daß ihre Verwandten sie an ihrem Rosenkranz teilnehmen lassen, wofür sie dieselben überreichlich belohnen würden, wenn sie einmal in die Glorie eingegangen wären.